Brabanter Kaltblüter ziehen noch immer Bier am Dreiländereck von Schweiz, Frankreich und Deutschland
Während die Welt unaufhaltsam in Richtung Technologie und Geschwindigkeit strebt, scheint in einer Brauerei in Basel die Zeit stehen geblieben zu sein. Statt Lastwagen ziehen Pferde die Bierfässer durch die Stadt. Und es sind keine gewöhnlichen Pferde – es sind Brabanter, mächtige Zugpferde, die der Menschheit seit Jahrhunderten dienen. Eine Geschichte von Kraft, Zuverlässigkeit und einer lebendigen Tradition, die dem modernen Wandel trotzt.
In dieser Brauerei im äußersten Nordwesten der Schweiz, unweit der Grenzen zu Frankreich und Deutschland, wird der Alltag nicht von digitalen Kalendern oder Logistiksoftware bestimmt, sondern von den Bedürfnissen lebender Wesen. Im Schatten alter Holzställe, im Duft von frischem Stroh, bereiten sich kraftvolle Pferde auf ihren Arbeitstag vor. Mit ihrem ruhigen Schritt und ihrer würdevollen Haltung bilden sie eine lebendige Brücke zur Vergangenheit.
Die Brabanter Pferde, auch als Belgische Kaltblüter bekannt, stammen aus der belgischen Region Brabant. Über Jahrhunderte hinweg wurden sie gezielt für schwerste landwirtschaftliche und industrielle Arbeiten gezüchtet. Ihr massiver Körperbau, die breite Brust, der kräftige Rücken und die dicht behaarten Beine zeugen von ihrer Stärke. Trotz ihres Gewichts von über einer Tonne gelten sie als sanftmütig und gutmütig im Umgang mit Menschen.
Früher waren sie unersetzlich in Bergwerken, auf Feldern und im Transportwesen. Heute sind sie selten geworden. Doch dort, wo sie noch eingesetzt werden – wie in der Basler Brauerei – erfüllen sie sowohl eine praktische als auch eine symbolische Rolle.
Jedes Pferd im geräumigen Stall erhält individuelle Pflege. Über jedem Stall hängt ein Holzschild mit dem Namen und dem Geburtsjahr des Pferdes. Geronimo, geboren im Jahr 2006, ist eines der ältesten Tiere. Seine Gelassenheit und stolze Haltung zeugen von jahrelanger Erfahrung. Die Tiere werden gut gefüttert, regelmäßig gepflegt und unter würdigen Bedingungen gehalten.
Sie sind Teil des Arbeitsteams der Brauerei und zugleich deren lebendige Attraktion. Besucher – besonders Kinder – beobachten mit Staunen, wie diese kräftigen Pferde hölzerne Wagen durch die Stadt ziehen, ganz wie in vergangenen Zeiten. Diese gelebte Tradition ist nicht nur nostalgisch, sondern auch Teil einer nachhaltigen Praxis – denn Pferde produzieren keine Abgase und machen keinen Lärm.
Während der Rest der Welt über Drohnen und Elektrofahrzeuge nachdenkt, beweist Basel, dass Tradition und Innovation Hand in Hand gehen können. Der Einsatz von Pferden in einem modernen Verteilungssystem zeigt, dass alte Lösungen auch Teil der Zukunft sein können. Diese Pferde sind nicht nur Transportmittel – sie sind Symbole für Vertrauen, Beständigkeit und die Verbindung zwischen Mensch und Natur.
Doch ihr Überleben ist bedroht. Die Zahl der Brabanter Pferde in Europa nimmt ab. Maschinen haben sie verdrängt, und ihre Haltung ist kostenintensiv. Umso wertvoller ist das Beispiel aus Basel – es bewahrt nicht nur eine Tierart, sondern auch eine Lebensweise. Es erinnert uns daran, dass nicht alles dem Tempo und der Effizienz geopfert werden sollte.
Wenn Geronimo ruhig seinem nächsten Ziel entgegenzieht, trägt er mehr als nur Bierfässer. Er trägt Erinnerungen, Werte und den Beweis, dass manche Dinge durch keine Technologie ersetzt werden können.