Während die Welt zunehmend mit den Folgen des Klimawandels konfrontiert ist, wird der Boden immer mehr als natürlicher Verbündeter im Kampf gegen Kohlendioxid erkannt. Anstatt dass der Kohlenstoff in die Atmosphäre entweicht, kann er im Boden „eingeschlossen“ werden – in Form von organischer Substanz. Frankreich war eines der ersten Länder, das die Bedeutung dieses Prozesses erkannt hat, und entwickelte sein eigenes Modell namens AMG, mit dem gemessen wird, wie viel Kohlenstoff Böden speichern können.
Das französische AMG-Modell – von der Theorie zur Praxis
Das AMG-Modell (von Avenir Matière Grasse, „Zukunft der organischen Substanz“) wurde im Rahmen der Nationalen Strategie für niedrige Kohlenstoffemissionen (Stratégie Nationale Bas Carbone) entwickelt. Es ermöglicht Landwirten und Forschern zu berechnen, wie viel Kohlenstoff verschiedene Bodentypen je nach Anbau- und Bearbeitungsmethoden speichern können.
Nach Angaben des französischen Instituts INRAE können Böden in Frankreich jährlich 0,2 bis 0,5 Tonnen Kohlenstoff pro Hektar speichern, wenn gute landwirtschaftliche Praktiken angewendet werden. Dies entspricht einer Verringerung der Emissionen um 0,7 bis 1,8 Tonnen CO₂ pro Hektar und Jahr. Würde dieser Ansatz auf 10 Millionen Hektar angewandt, könnte Frankreich jedes Jahr mehr als 10 Millionen Tonnen CO₂ speichern – etwa so viel, wie alle französischen Traktoren und Mähdrescher zusammen jährlich ausstoßen.
Diese Zahlen bilden die Grundlage für das berühmte französische Projekt „4 pro 1000“ (4 ‰), dessen Ziel es ist, den Gehalt an organischer Substanz im Boden jährlich um 0,4 % zu erhöhen. Es scheint wenig, doch wäre es ausreichend, um den weltweiten Anstieg der CO₂-Konzentration in der Atmosphäre zu stoppen, wenn alle Länder der Welt dies umsetzen würden.
Praxisbeispiele – weniger Pflügen, mehr Leben im Boden
Französische Agronomen haben gezeigt, dass die besten Ergebnisse erzielt werden, wenn verschiedene Maßnahmen kombiniert werden:
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Weniger Pflügen (konservierende Bodenbearbeitung) – auf Feldern ohne Pflug stieg der Gehalt an organischer Substanz innerhalb von fünf Jahren um 15 %, während er bei herkömmlicher Bearbeitung unverändert blieb.
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Zwischenfrüchte (Cover Crops) – das Pflanzen von Senf oder Roggen zwischen Hauptkulturen erhöhte den Kohlenstoffgehalt im Boden um 0,4 Tonnen pro Hektar und Jahr.
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Organische Düngung und Kompostierung – die Zugabe organischer statt mineralischer Düngemittel erhöhte den Kohlenstoffgehalt auch in tieferen Bodenschichten bis zu 60 cm.
Professorin Delphine Urucard vom INRAE betont, dass „der Boden als lebender Organismus betrachtet werden muss, nicht nur als Produktionsfläche“, da er die Grundlage für Trockenheitsresistenz und das ökologische Gleichgewicht bildet.
Erfahrungen aus anderen Ländern
Ähnliche Initiativen gibt es weltweit:
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Vereinigte Staaten – Im Bundesstaat Iowa zeigte ein Langzeitexperiment der Universität Michigan, dass Böden ohne Pflug und mit Zwischenfrüchten 25 % mehr Kohlenstoff speichern als traditionell bewirtschaftete Böden.
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Spanien und Italien – In mediterranen Regionen wird Agroforstwirtschaft praktiziert, bei der Bäume zwischen die Reihen der Feldkulturen gepflanzt werden. Dadurch wird der Boden gekühlt, Feuchtigkeit erhalten und der Kohlenstoffgehalt in tieferen Schichten erhöht.
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Australien – Der Staat zahlt Landwirten finanzielle Anreize für jeden Hektar, auf dem sie den Kohlenstoffgehalt des Bodens erhöhen, im Rahmen eines nationalen CO₂-Gutschriftensystems.





